Offenburger Tageblatt

Kein Pflaster für improvisatorisches Theater?

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Auf Kontraste setzt das Theater im Gewölbe bei seiner jüngsten Inszenierung: Kontemplative Ruhe wechselt sich mit wilden Szenen ab. In der Reithalle führte das Ensemble das »Spiel der Fragen« auf, eine Zusammenstellung von Texten des Dichters Pablo Neruda.

Kritik im Offenburger Tageblatt vom 10. Mai 2002 
von Wolfgang Kollmer

Offenburg. Das Theater im Gewölbe rückt dem Publikum auf den Leib: Zwar ist die Bühne in der Reithalle überaus ausladend, aber das Amateurensemble erweitert sie mit Zwischenpodest, bespielt auch den Boden. Die Zuschauerränge gruppieren sich von drei Seiten um die mit Quilts belegte Bühne. So entsteht eine dichte Atmosphäre, das »Spiel der Fragen« entfaltet sich mit tänzerischen Elementen. Langsam, wie bei einer Morgengymnastik, turnen die neun Darsteller, bevor ihre Bewegung in einen Derwisch-Tanz übergeht. Kleine Geschichten vom Leben am Meer erzählt das ThiG in der Inszenierung von Alma Boliva. Wie die von den Familien, die rund um ein Atrium leben. Besonders beeindruckend waren Silke Mahnke, Nicole Jendrossek und Andrea Stamwitz als alte Tanten, die sich wie die anderen Anwohner nach dem Meer sehnten. Und siehe da – ein Schatz wird gehoben und alle Familien können an die See fahren … Dort tun sich neue Fragen auf: »Warum erzählt das Meer seine Geschichte dem Sand zum tausendsten Mal?« Den Rap von einer rosa Gekleideten (Sarah Schneider) mixte Regisseurin Alma Boliva als modernes Mittel ins Stück. Wiederholt wurden fast alle Sentenzen ein zweites oder gar drittes und viertes Mal: Keine schlechte Idee, denn die Formulierungen sind zu ungewöhnlich, als dass sie beim ersten Hören gleich richtig eingehen. Aber irgendwann firmiert sich beim Zuschauer dann doch eine Antwort auf Fragen wie: »Wie viele Kreismeter liegen zwischen den Orangen und der Sonne?« Spärlicher Besuch Hie und da mischen sich die Darsteller unter das viel zu spärlich anwesende Publikum. Wie bei der Hommage an den Apfel, der auch verschenkt wird, wo das Knacken beim Anbeißen und ein erstes Kauen gehören zur Geräuschkulisse des Stückes. Früher, als das ThiG an ungewöhnlichen Orten wie Ausbesserungswerk, Spitalkeller oder Judenbad spielte, war jede Vorstellung ausverkauft. Jetzt verliert sich das Publikum in einem Haus wie der Reithalle. Haben die Offenburger zu wenig Mut für improvisatorisches Theater? Fehlt ein »zugkräftiges« einheitliches Stück? Das »Spiel der Frage«, das die Truppe auf die Bühne brachte, lässt sich so sehr konkret weiter spinnen …