Das Theaterstück von Lukas Bärfuß dekonstruiert das Ritter- und Heldenmythos. © Christoph Breithaupt

So war die „Parzival“-Aufführung des Theaters im Gewölbe

Veröffentlicht in: Parzival | 0

Kritik in Baden Online vom 16. Januar 2023
von Regina Heilig

Das Theater im Gewölbe führte in der Reithalle unter der Regie von Christopher Kern das Stück „Parzival“ von Lukas Bärfuß auf. Das Heldenepos glänzte mit absurd-unterhaltsamen Episoden.

Unter der Regie von Christopher Kern spielte das Theater im Gewölbe am Donnerstag, Freitag und Samstag in der Reithalle „Parzival“ von Lukas Bärfuß.

Eine reduzierte Bühnenausstattung trägt die Inszenierung. Die jeweilige Umgebung, sei es der Wald, in dem der „reine Tor“ von seiner Mutter überbehütet aufgezogen wird, das Schloss des König Artus’ oder gar die Gralsburg, wird mit verschiedenfarbigen Lichtsäulen vor einem schwarzen Vorhang angedeutet. Weiße Quader formen sich mal zur Tafelrunde, dann wieder zum Bett, auf dem der Held der Geschichte selig schlummert.

Weltferne Blase

Parzival, in einer weltfernen Blase aufgewachsen, ist in seiner Unschuld mit seinem völlig naiven Blick auf die Welt im Grunde ein geschlechtsloses Wesen. Lukas Bärfuß zieht den Gedanken durch und besetzt die Hauptrolle des Knaben, der unbedingt ein Ritter werden will, mit einer Frau. Amelie von Schoenaich konturiert den Möchtegern-Recken mit viel körperlicher Ausdruckskraft. Dazu kommen eine oft ans Atemlose grenzende Kinderstimme und runde staunende Augen.

Doch anders, als unsere heutige idealistische Welt es gerne hätte, ist das kindlich-naive Wesen Parzival keineswegs von reiner Güte umflort, ganz im Gegenteil. Denn wer vom Leiden nichts weiß, der verbreitet ganz unbefangen Tod und Verderben rings um sich herum. Angefangen bei der Tierwelt, die der Knabe in großer Anzahl dahinmeuchelt.

Beste Voraussetzungen für eine Karriere als Ritter, wie sich zeigen wird. Auch hier gilt die Regel „Kleider machen Leute“, doch obzwar von der vorsichtigen Helikopter-Mutter mit Narrenkappe und einem bunten Kissenüberzug eher ungenügend ausgestattet, erobert sich der zielstrebige Naivling bald eine Rüstung. Der Ritter, den er dafür töten muss, ist ihm nicht mehr als ein Hirsch, Jagdbeute eben, und Lauf der Welt. Doch nach und nach fällt auch Parzival die Realität des Menschenlebens an. Da trauert eine Verlobte um ihren verblichenen Liebsten und wird er von zwei Rittern, die den Ahnungslosen mit Wonne piesacken, verspottet.

Nur wenige Menschen meinen es wirklich gut und sind weitgehend uneigennützig, aber auch nicht ganz ohne Hintergedanken – muss doch schließlich eine Tochter unter die Haube gebracht werden, nachdem alle Söhne im Kampf gefallen sind.

Hüter des Grals

Ein weniger unbedacht als unschuldig gegebenes Versprechen hindert Parzival daran, bei seiner wahren Liebe zu bleiben, allerdings nicht, seine Bestimmung doch noch zu finden. Um als ausersehener Hüter des Grals nachzurücken, muss der Held aber seine Natur ändern und Mitgefühl zeigen, zumindest gegen den sterbenden Gralskönig Anfortas. Wie in einer griechischen Tragödie ist das Schicksal unausweichlich.

Das Episodenstück von Lukas Bärfuß reiht Szene an Szene und dekonstruiert das Ritter- und Heldenmythos dabei tatkräftig. So absurd und unterhaltsam sind die Sequenzen, dass sie auch einem Publikum ohne Vorkenntnis der Artus-Geschichten die Botschaft vermitteln.

Die Besetzung von „Parzival“: Philipp Basler, Steve Funke, Nicole Jendrossek, Barbara Krehl, Barbara Lampert, Michael Lauther, Silke Mahnke, Wolfgang Meyer-Buerdorf, Gereon Niekamp, Bettina Ragnit, Angelika Rissler, Andrea Stamwitz und Amelie von Schoenaich.