Premiere: ThiG mit Pinter.
Kritik in der Badischen Zeitung vom 7. Mai 2001
von Elisabeth Bracker
OFFENBURG. Parties sind nicht immer lustig. Schon gar nicht, wenn sich die feine Gesellschaft trifft. In Harold Pinters Stücken geht es um die Suche nach Identität, Wunschvorstellungen und Wirklichkeit. Aus Szenen seiner Bühnenstücke „Party“ und „Eine Art Alaska“ hat das „Theater im Gewölbe“ ein eigenes Stück gemacht. Am Freitagabend war Premiere in der Reithalle.
Partyszenen zeigen, wie schöne Frauen um die Anerkennung der Männer ringen. Die interessieren sich allerdings nur für Zahlen, Boote und Golf, denn sie sind erfolgreich. Regisseurin Alma Bolivar hat sich für ein karges Bühnenbild entschieden: dunkler Hintergrund, ein Teppich auf dem Boden, ein Stuhl als einziges Mobiliar. Sie setzt auf Gesten, wenn sie eine neue Szene einführt, lässt die Darsteller in ihren Posen einfrieren, wenn sie in andere Wirklichkeit überleitet. Nur erschließt sich für die Zuschauerin nicht, wohin die Regie im nächsten Bild führen will.
Eine Konstante im Stück ist die Party-Gesellschaft. Zwei Männer und sechs Frauen unterhalten sich, so wie man sich auf einer Party von hier nach dort bewegt und unterschiedliche Gesprächspartner sucht. Man kennt sich, ist vertraut miteinander, amüsiert sich auf Kosten derer, die sich zu ehrlich, zu unschuldig geben. In der ersten Szene trifft es Dusty (Andrea Stamwitz), die zu gefühlvoll, zu romantisch wirkt und von ihrer Freundin Terry (Nicole Wessolly) zurecht gewiesen wird.
Pinters Stärke ist, Figuren zu porträtieren, was diese beiden Darstellerinnen gut herausgearbeitet haben. Wer hat die Macht, lautet die Frage: die „dicktittige Tussi“, die den Liebhaber der schönen Charlotte (Nicole Jendrossek) verführt hat, oder die erfolgreichen Männer, Gavin (Holger Albrecht) und Petey (Bernd Schley) gegenüber den schönen Frauen? Wo ist eigentlich Jimmy, will Dusty am Schluss des ersten Bildes wissen – der Zusammenhang bleibt unklar. Denn Jimmy (Andreas Matern) ist eine Figur aus „Eine Art Alaska“ und in einer späteren Szene der Sohn von Charlotte (Nicole Jendrossek). Andreas Mattern liest Jimmys Brief an seine Mutter unter grellem Lampenlicht, bis der Unschuldsengel, immer weniger belichtet, unter dem Heiligenschein im Dunkel verschwindet. Auch der Dialog zwischen den Schwestern Deborah (Bärbel Krehl) und Pauline (Annette Müller) ist gelungen. Beide Darstellerinnen überzeugen. Annette Müller in der Besorgtheit über die Schwester, die offensichtlich nicht weiß, dass sie jahrzehntelang geschlafen hat, Barbara Krehl im Erstaunen darüber, dass die andere so sehr gealtert ist. Die Zuschauerin ist fasziniert, aber alleingelassen. Warum sich die Regisseurin für die Sprünge von einem zum anderen Stück entschlossen hat, bleibt unverständlich. Am Schluss verabschiedet Hausherr Gavin (Holger Albrecht) die betrunkenen Gäste, die wohl artikulierend auf der Bühne umher torkeln. Die Stärke der Dialoge konnte die Gruppe vermitteln. Was fehlt, sind Zusammenhänge.