Liebe scheitert an der Realität

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»Die Präsidentinnen« im Theater im Gewölbe: Tragisches Stück über drei Busenfeindinnen

Kritik im Offenburger Tageblatt vom 2. Mai 2007 
von Bettina Kühne

Keine einfache Kost serviert das Theater im Gewölbe bei seiner zweiten Produktion in diesem Jahr. In »Die Präsidentinnen « von Werner Schwab stehen drei Frauen auf der Bühne, deren Träume im Schmutz der Welt versinken.

Offenburg. Das Stück ist das eine, das Können der Akteure das andere: Beim Theater im Gewölbe bewiesen drei langjährige Mitglieder des Ensembles unter Regie von Said Mola, dass sie sich durchaus auch an das Fäkal-Drama des bereits verstorbenen Grazer Autoren Werner Schwab herantrauen können. Engagiert tauchten sie in die skurrile Welt dreier einsamer Frauen ein, denen das Leben das große Glück versagt hat. Der Inhalt der 1990 uraufgeführten Radikal- Komödie ist tragisch, die Sprache grob. Aber wann kennt das Leben schon Erbarmen: Jeder Traum von Liebe wird ernichtet. Diese Illusion kann nicht bestehen; sie scheitert an der Realität.

Die Schauspielerin Silke Mahnke, zu deren eher hageren Figur die asketische, bigotte Erna auch passt, schlüpft in die Rolle einer sich alles versagenden Frau. Ihr aktuelles Lebensglück besteht darin, dass sie eine Pelzhaube erhalten hat, die sie zuvor pflichtbewusst beim Fundbüro abgegeben hatte – sie ist nicht abgeholt worden. Abwechslung in ihre armselige Existenz soll zudem der neue Fernseher bringen.

Ihr Gegenstück ist die von den Formen her sinnesfreudigere Barbara Krehl. Als blondes Gift im Miniröckchen zelebriert sie als Grete die Frivolität – ohne jedoch mehr Erfüllung zu finden als ihre egenspielerin. Gretes Tochter ist nach dem Missbrauch durch den Vater vor Jahren ausgewandert; eine einzige Karte hat sie bisher geschrieben.

Spiel mit Verdorbenem

Schwab führt in seinem Erfolgsstück nicht nur die Verdorbenheit der Welt vor Augen, er spielt auch mit ihr. Er setzt darauf, dass Assoziationen wach werden, wenn er die Dritte im Bunde, Mariedl (Bettina Ragnit), sagen lässt: »Die Mariedl macht es ohne.« Nur weil sie beim Toilettenputzen konsequent Gummihandschuhe ablehnt. Dafür hat sie sich jede Menge Ansehen geschaffen.

In einer imaginären Festzelt-Vision setzen sich Erna und Grete zunächst als Heirats-Kandidatinnen in Szene. Schwärmerisch erzählen sie davon, wie sie ihrem Traummann
näher kommen. Dabei fallen sie sich gegenseitig mit ausgefeiltem Mienenspiel in die Parade, ringen um die Vorherrschaft beim Erzählen. Dann mischt auch Mariedl mit, die Geschenke aus der verstopften Toilette birgt. Der Pfarrer hat sie dort für sie versteckt.

Die zum Teil langen Monologe bringen die Darstellerinnen nahe an ihre Grenzen: Die Konzentration auf den Text macht die Bewegungen einsilbig. Hier wäre es Aufgabe der Regie gewesen, Alternativen aufzuzeigen und einzuüben.

Vom Schmutz ins Reine

Mariedl, die lange Unterschätzte, brüllt schließlich den Niedergang der Freundinnen in die Menge. Hat sie noch so lange im Schmutz gewühlt – nun ist sie die Reine. Nachdem sie ein Fläschchen Parfum ausgetrunken hat, treibt sie die anderen in die Verzweiflung: Sie erzählt, wie deren Kinder das Festzelt stürmen und die aufkeimenden Beziehungen mehr als gründlich zerstören. Es sind die Kinder, die ihren Müttern den Todesstoß geben: Erna und Grete winden sich in Qualen. Aus ihren alkoholschweren Tagträumen gerissen, suchen sie ein Opfer: Mariedl. Die Freundinnen morden: Gewalt ist die Antwort.

Die nächsten Aufführungen finden Freitag, 4., Samstag, 5. Mai, sowie Mittwoch, 20. Juni, jeweils um 20 Uhr im Salmen
statt.