Badische Zeitung vom 13. April 2013
Das Theaterstück „Elsa – ich darf nicht sprechen“ wird in die Dokumentation des
früheren KZ Ravensbrück aufgenommen.
OFFENBURG. Es ist ein Ort mit schrecklicher Vergangenheit, der nun eine neue
Aufbereitung bekommt und damit das Ausmaß der Gräuel des Nazi-Regimes noch einmal eindrucksvoll vor Augen führt. Im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück in Brandenburg wird am 21. April eine neue Hauptausstellung eröffnet. In die Dokumentation des Museums wurde auch das preisgekrönte Theaterstück „Elsa – ich darf nicht sprechen“ der Offenburger Theaterregisseurin Annette Müller aufgenommen.
Das Stück ist damit an den Originalschauplatz zurückgekehrt, denn Thema sind die Erinnerungen von Annette Müllers Großmutter Elsa Santo, die selbst unter den Nazis in Ravensbrück gefangen gehalten und schwer misshandelt wurde.
Es war eine Liebesbeziehung zu einem polnischen Zwangsarbeiter, die Elsa Santo ins KZ nach Ravensbrück brachte. „Rassenschande“ nannte man das im Jargon der Nationalsozialisten, und das war Grund genug, um die Ortenauerin im weit entfernten Brandenburg einzusperren. Die traumatischen Erlebnisse, die die junge Frau damals erlebte – Folter, medizinische Experimente – bilden unter anderem den Hintergrund des Theaterstücks, für das Annette Müller im vergangenen Jahr mit dem Deutschen Amateurtheaterpreis ausgezeichnet wurde.
Nun wird das Stück genau an dem Ort dokumentiert, an dem die schrecklichen Ereignisse stattgefunden haben. In der neu konzipierten Ausstellung, die am 21. April eröffnet wird, werden in einem elektronischen Terminal verschiedene Theaterstücke angerissen, die sich mit der Geschichte des Konzentrationslagers auseinandersetzen. Darunter ist auch Annette Müllers Stück. Laut Horst Seferens, Pressesprecher der für Ravensbrück zuständigen Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, werden vier Fotos gezeigt, die bei einer Aufführung des Offenburger Theaters im Gewölbe entstanden sind, sowie das Originalplakat der Aufführung. Annette Müller, die das Theater im Gewölbe leitet, freut sich über die Aufnahme des Stücks in die Gedenkstätte: „Für mich ist das vor allem auch eine Auszeichnung für meine Großmutter Elsa und ihr ganzes Leben.“
Auch zur offiziellen Eröffnung der Gedenkstätte am 21. April wurde die Offenburgerin eingeladen. Ob sie tatsächlich hinfährt, hat sie noch nicht entschieden. „Ich bin eigentlich zur Zeit sehr eingespannt, aber vielleicht entscheide ich doch noch, spontan hochzufahren.“
Auch eine Aufführung ihres Stücks vor Originalkulisse, so schrecklich sie auch sei, hält Annette Müller für möglich. „Ich finde es sehr wichtig, dass es solche Orte gibt, die uns vor Augen führen, was in Deutschland vor gar nicht allzu langer Zeit passiert ist.“
Eine weitere Auszeichnung steht dann im Mai an. In Karlsruhe wird Annette Müller für dasselbe Theaterstück der Preis eines bundesweiten Wettbewerbs des Bündnisses für Demokratie und Toleranz verliehen. Sie wird dann mit allen 27 Schauspielern und einigen Sponsoren nach Karlsruhe fahren, um die Auszeichnung und das damit verbundene Preisgeld von 2000 Euro entgegenzunehmen.
Autor: Michael Saurer