Schlichte Bühne, schlichte Kostüme, aber gesagt wird alles: Mit »Genannt Gospodin« gab Isabel Rothe aus Freiburg ihr Debüt als Regisseurin beim Theater im Gewölbe (ThiG). Ihre Idee war gelungen: Die Hauptrolle wurde auf alle acht Darsteller aufgeteilt.
Artikel vom 18. Juli 2014 auf Baden Online
OFFENBURG. Gut heiß war es im Saal der Jungen Theaterakademie im Grimmelshausen-Gymnasium, als Gospodin seinen Verzicht auf materielle Besitztümer verkündete: Bei der Premiere von »Genannt Gospodin« mussten die Darsteller des Theaters im Gewölbe (ThiG) mit Konzentration gegen die steigenden Temperaturen anspielen. Es gelang, den »Titelhelden« skizzenartig darzustellen: Außerhalb der Gesellschaft möchte er leben, entsprechende Dogmen hat er für sich festgeschrieben, um so zur höchsten Freiheit zu gelangen.
Wo er sie für sich findet – unverstanden von seiner Anette und vom Publikum – sei nicht verraten, aber: Seine erstaunliche Theorie scheint tatsächlich einen Ort auf dieser Welt zu finden, wo man sie realisieren kann. Im Ergebnis bedeutet das: Er kommt keinesfalls zurück in die bürgerliche Welt.
Doch bevor nach gut 120 Minuten das Ende im Stück von Philipp Löhle für eine Überraschung sorgt, ist Gospodin am Boden zerstört: Greenpeace hat ihm sein Lama weggenommen. Er hat es im Keller gehalten und zum Betteln verwendet – wenngleich er das selbst anders interpretiert. Das schockiert ihn, aber wirkliches Verständnis hat niemand für den Arbeitslosen, der sich so über Wasser halten wollte. Vor allem nicht seine Partnerin Anette, die nur schnippisch »dazu sage ich gar nichts« sagt und auszieht.
So beginnt das Stück, bei dem die acht Schauspieler im Halbkreis auf der Bühne stehen, allesamt mit weißen Hemden oder Shirts. Neben der Bank gibt es nicht mehr viel, ein Einkaufswagen noch und ein paar Säcke. Aber natürlich ist dieses karge Bühnenbild genau das richtige, wenn einer im Mittelpunkt steht, der sich von jeglichem kapitalistischen Gedankengut losgesagt hat.
Die Mütze markiert
Wichtigstes Requisit: die Mütze. Wenn Philipp Basler, Klaus Huber oder Gereon Niekamp den Gospodin geben, kann es auch mal ohne gehen, aber für die Schauspielerinnen ist es Pflicht, das Käppi zu tragen – als Zeichen, dass sie Gospodin sind. Darunter macht Gospodin dann schmale Augen, wenn Angelika Rissler ihn spielt, und zeigt wieder andere Facetten, wenn Nicole Jendrossek dran ist. Immer gleich: Der Gute wird schamlos ausgenutzt, er gibt das Letzte her. Den Fernseher für den unsympathischen Norbert (Gereon Niekamp), oder seinen Verstärker. Andi – Klaus Huber gibt den schleimigen Piloten – schickt ihn zu einer Beerdigung und schließlich bittet ihn Hajo (Philipp Basler) noch um einen Gefallen: Gospodin soll für ihn Beutegeld aufbewahren.
Nachdem der Räuber im Fluss ertrunken ist – erzählerisch bringt das Ensemble die Geschichte gemeinsam voran – entdeckt Anette (Bettina Ragnit) das Geld. Sie stellt sofort auf freundlich um – ihr Ex wird wieder für sie interessant. Galant bettelt auch Sylvia (Andrea Stamwitz) um Geld für ein Auto. Selbst seine Mutter (Barbara Krehl) legt ihre Vorbehalte ab und will etwas abhaben. Ausgerechnet dem Verweigerer eilt der Ruf voraus, eine Million zu besitzen. Doch alle selbsternannten Freunde blitzen ab: »Ich kann dir nichts geben«, sagt Gospodin nur.
Interessanterweise wird er das Geld nicht los: Taschentausch, Tasche vergessen, Tasche mit heraushängenden Scheinen zum Provozieren eines Überfalls – nichts hilft.